12.04.2019 ENSURE

Phase 1: Erfolgreiche Energiewende durch Sektorkopplung

Damit die Energiewende ein Erfolg wird, müssen neben dem Stromsektor auch der Verkehrs- und Wärmebereich auf Erneuerbare Energie umgestellt werden. Gelingt es, den Strom aus erneuerbaren Quellen auch in den anderen Sektoren zu nutzen und dadurch den Einsatz von fossilen Energien zu reduzieren, spricht man von „Sektorkopplung”. Das Kopernikus-Projekt ENSURE hat in Phase I in einer Arbeitsgruppe an Lösungen gearbeitet, wie die Sektorkopplung gelingen kann.

Das Bild zeigt eine Stromschaltstelle.
Foto: © Zaiets Roman - stock.adobe.com

Die Sektorkopplung spielt eine bedeutende Rolle für den Erfolg der Energiewende. Die Ausgestaltung zukünftiger, multi-modaler Energieversorgungsinfrastrukturen ist eine Generationen­aufgabe und kann nur durch Einbindung aller Beteiligten gelingen. Die Frage ist, ob durch koordinierte und durchdachte Sektorenkopplung einerseits ein ökonomisch günstigerer und somit gesellschaftlich verträglicherer Transformationspfad erschlossen werden kann. Andererseits könnten CO2-Einsparpotentiale dann deutlich schneller gehoben werden. In der Arbeitsgruppe Sektorkopplung forschen acht Partnern gemeinsam daran, wie diese umgesetzt werden kann.

Die Bewertungskriterien, an denen sich die Forschungs­ziele der Arbeitsgruppe messen lassen: 

  • Investitionen in Netzausbau
  • Betriebskosten für Engpassmanagement oder sonstige Regelungsmaßnahmen
  • die regionale Aufnahmefähigkeit der Infrastrukturen für Erneuerbare Energien

Bei der Zusammenarbeit in der Arbeitsgruppe wird die zunehmende Kopplung der Verbrauchssektoren Verkehr und Wärme mit dem Stromsektor über Schnittstellen­technologien berücksichtigt. Die Arbeitsgruppe arbeitet auf der gleichen Szenarien-, Daten- und Annahmenbasis und hat Vorgehensweisen zur Kopplung von Modellen und Datenaustausch festgelegt. Die Untersuchungsschwerpunkte umfassen neben den Infrastrukturen auch Betriebsmittel und ‑konzepte, mit einem besonderen Fokus auf den Schnittstellen Power-to-Heat (PtH), Power-to-Gas (PtG) und der Kraftwärmekopplung (KWK) mit Gas. Für Anlagen mit diesen Technologien werden innovative Betriebskonzepte entwickelt, um sie in das zukünftige Energiesystem einzubinden.

Die Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass die PtG-Technologie einen nennenswerten Beitrag zur Entlastung der Stromverteilnetze liefern kann. Die Haupterlösfelder insbesondere für den mittelfristigen Transformationspfad (2025-2035) müssen jedoch auf der Vermarktung der chemischen Energieträger oder der Defossilisierung der Gasversorgung liegen. Auch Methoden zur Ausnutzung der thermischen Dynamik eines Wärmenetzes als Speicher werden entwickelt, die eine flexiblere Betriebsweise von KWK- und PtH-Anlagen auch ohne dedizierte thermische Speichertanks ermöglichen. Ebenfalls zeigen Untersuchungen für ein Szenario in Anlehnung an dem Netzentwicklungsplan 2035B, dass vermehrte Netzengpässe im Übertragungsnetz zu erwarten sind und zur Behebung dieser Engpässe verstärkt auf das flexible Ladeverhalten von E-Fahrzeugen in den Verteilnetzen zugegriffen werden kann.

Die Berücksichtigung der Elektromobilität in der Stromnetzplanung gewinnt auf diese Weise zunehmend an Bedeutung. Die vorgenommenen Untersuchungen zeigen dabei, dass vor allem auf der Niederspannungsebene gängige Planungsmethoden den notwendigen Netzausbaubedarf unterschätzen. Neu entwickelte Planungsmethoden können dazu beitragen, die Netze bedarfsgerecht und kosteneffizient auszubauen. Die Untersuchung der Netzautomatisierung für gekoppelte Strom- und Gasverteilnetze zeigt ein großes Potential, um eine intelligente und konfliktfreie Kopplung beider Verteilnetze zu ermöglichen. Falls keine Netzprobleme vorliegen, wird dabei der Betrieb der Kopplungselemente innerhalb der tolerierbaren Netzgrenzen einem Aggregator für eine marktorientierte bzw. systemdienliche Nutzung zur Verfügung gestellt.

Um die vorwiegend theoretischen Arbeiten aus Phase I des Projekts in die Umsetzung zu bringen, werden aus der Arbeitsgruppe mehrere Anwendungsfälle für die Erprobung in der Phase III vorgeschlagen. Darunter befinden sich Systeme zur Automatisierung von gekoppelten Strom- und Gasverteilnetzen, Planungs- und Regelungswerkzeuge für die Ausgestaltung von integrierten, regionalen Energie­systemen, regionale EE-Hubs mit Gasanwendungen, Power-to-Gas-Anlagen auf der HöS-Ebene zur Kompensation von Starkeinspeisefällen sowie Konzepte zur Demonstration und Evaluierung verschiedener E-Mobilitäts-Ladeinfrastrukturvarianten.

olgende acht Partner arbeiten in der Arbeitsgruppe Sektorkopplung zusammen:

  • ABB, als Anbieter von Lösungen zum optimalen Management von verteilten Erzeugungs­­anlagen, erforscht in ENSURE wie die Flexibilität von konventionellen Erzeugern durch die Kopplung der Sektoren Strom und Wärme erhöht werden kann, um auf volatile erneuerbare Ein­speisung reagieren zu können.
  • Der Lehrstuhl für Elektrische Energie­versorgungs­technik (EVT) der Bergischen Universität Wuppertal untersucht die Möglichkeit, Power-to-Gas-Anlagen als Flexibilitäts­option auf Verteilnetzebene einzusetzen. Ziel ist, den Stromnetzausbau mithilfe der Kopplung von Strom- und Gasverteilnetzen zu reduzieren. Darüber hinaus beschäftigt sich die BUW mit der Konzeptionierung und Simulation einer Netzautomatisierung (Smart-Grid) für gekoppelte Strom- und Gasverteilnetze.
  • Die DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut untersucht schwer­punkt­­­mäßig die Interaktion zwischen Strom- und Gasinfrastruktur und die dazu erforderlichen Schnitt­stellen­technologien und leitet hieraus Aus- und Umbaubedarf für zukünftige Anforderungen ab.
  • Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und elektrische Energiesystemtechnik erforscht wie Strom-Verteilnetze transformiert werden können, um neue Anforderungen durch Sektorenkopplungs-anwendungen bedarfsgerecht, kosteneffizient und zukunftssicher zu erfüllen. Besonders im Fokus steht dabei die Netzintegration von E-Mobilitäts-Ladeinfrastruktur und Power-to-Gas-Anlagen.
  • Das Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen untersucht im Hinblick auf die Sektorenkopplung schwerpunktmäßig den Beitrag der neuartigen Flexibilitätsoptionen für den zukünftigen Übertragungs- und Verteilnetzbetrieb beim Engpassmanagement. Daraus werden mögliche Gestaltungskonzepte für die Nutzung dieser Flexibilitätsoptionen im zukünftigen Netzbetrieb abgeleitet.
  • Das Institut für Regelungs- und Steuerungssysteme vom Karlsruher Institut für Technologie entwirft in der ersten Projektphase Regler, um die soziale Wohlfahrt in sektoren­gekoppelten Systemen zu maximieren und demonstriert deren Einsatz am Beispiel der Betriebsführung gekoppelter Strom- und Wärmenetze.
  • Als Betreiber von Strom- und Gasnetzen mit hohem EE-Anteil begleitet die Schleswig-Holstein Netz AG mit großem Interesse Forschungsfragen, welche das Potenzial einzelner Schnitt­stellen­technologien betrachten. Von besonderem Interesse sind hier auch die Rückwirkungen und Einflüsse auf die aktuelle Infrastruktur und der zukünftige Aus- und Umbaubedarf.
  • Die Stadtwerke Kiel leisten als regionaler Energieversorger und Betreiber von Kraft­werken, Strom-, Gas- und Wärme­netzen einen wichtigen, begleitenden Beitrag zum Erreichen der Ziele der Arbeitsgruppe.

Ansprechpartner sind:

  • Johannes Ruf, Wolfgang Köppel, Thomas Kolb, DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT
  • Lennart Merkert, ABB
  • Marco Kerzel, James Garzon Real, Markus Zdrallek, Bergische Universität Wuppertal
  • Jan Ulffers, Fraunhofer IEE
  • Hao Chang, Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft (RWTH)
  • Jona Maurer, Stefan Krebs, Sören Hohmann, Institut für Regelungs- und Steuerungssysteme des KIT
  • Imke Hebbeln, Schleswig-Holstein Netz AG

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