06.06.2023 SynErgie

Bivalenter Schmelztiegelofen in realer Einsatzumgebung

Ein Industrieofen, der je nach Verfügbarkeit flexibel zwischen Gas und Grünem Strom für seinen Betrieb wählen kann: Gibt’s nicht? Bald doch! Denn das Kopernikus-Projekt SynErgie nimmt jetzt einen Versuchsofen in Betrieb, der den Wechsel zwischen Energieträgern testet. Auch soll er helfen, dieses Verfahren zu optimieren.

Das Bild zeigt einen Mann, der einen Monitor hält, auf dem die Optionen Gas und Elektrizität zur Auswahl angeboten werden.
©Fraunhofer IPA, Ludmilla Parsyak

Der Schmelzprozess für den Druckguss von Nichteisenmetallen verbraucht immens viel Energie. Grund ist, dass der Ofen konstant auf einer hohen Temperatur läuft. Bisher waren entweder Brenngase oder elektrische Heizelemente die Energiequellen hierfür. Gelingt es, einen solchen Schmelztiegelofen energieflexibel mit Grünem Strom und nur bei Engpässen mit Gas zu betreiben, verbessert sich der CO2-Abdruck erheblich. Entwickelt haben diesen sogenannten bivalenten Schmelztiegelofen für SynErgie Forschende des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart und des Fraunhofer IPA zusammen mit der Bark Magnesium GmbH und der Hindenlang GmbH.

„Die Antwort auf die zunehmend volatile Energieerzeugung lautet klar und einfach Bivalenz. Wir sind stolz, dass nun erstmals der genutzte Energieträger dynamisch auch in einer industriellen Produktionsanlage umgestellt werden kann. Es gibt viele Prozesse, etwa in der Metallverarbeitung, die traditionell mit einem Energieträger betrieben werden. Aber bivalente Varianten, die zwischen Energieträgern dynamisch wechseln können, gab es bisher noch nicht“, sagt Projektsprecher Professor Alexander Sauer.

Messungen sollen Optimierungen und Potenziale offenlegen

Der Forschungspartner Bark Magnesium GmbH stellt den Produktionsbereich zur Verfügung. Damit ermöglicht er, den Ofen in einem realen industriellen Umfeld in Betrieb zu nehmen. Hierfür hat das Unternehmen den ursprünglich monovalent elektrisch ausgelegten Fertigungsplatz um einen Kamin für den Gasbetrieb erweitert. Der Energieträgerwechsel zwischen Gas und Strom kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen.

Bivalenter Schmelztiegelofen, wie von SynErgie getestet. ©Fraunhofer IPA, Ludmilla Parsyak

Neben der manuellen Auswahl über die Ofensteuerung lässt der Energieträgerwechsel sich auch über ein Signal auf Hallennetzebene einleiten. Zusätzlich ermöglicht die Hallennetzanbindung auf ein Signal des Stromanbieters hin umzuschalten. Evaluation erleichtert das ebenfalls von SynErgie entwickelte Messkonzept. Die Forschenden können so Simulationsmodelle validieren und Optimierungsstrategien ableiten. Ziel ist, Energieflexibilität in Fabriken zu steigern. Für einen wirtschaftlichen Einsatz muss neben dem energieflexiblen Betrieb eine hohe Energieeffizienz angestrebt und ein sicherer thermischer Betrieb gewährleistet werden.

Treibhausreduktion durch bivalenten Ofen

Bis langfristige Ergebnisse für reale Einsatzumgebungen vorliegen, vergehen noch einige Jahre. Bivalente Schmelztiegelöfen gelten aber heute schon als zukunftsfähige Lösung. Sie tragen dazu bei, Energiekosten zu reduzieren, Versorgungs- und Ausfallsicherheit sowie ach die Planungssicherheit zu erhöhen. Der bivalente Ofen lässt sich zudem in ein Energieflexibilitäts-Managementsystem integrieren, was einen automatisierten Energieträgerwechsel ermöglicht. Durch den bivalenten Betrieb kann nicht nur energieeffizient und –flexibel produziert, sondern zugleich auch CO2 eingespart werden. In Zeiten der Klima- und Energiekrise gehören innovative Produktionsprozesse für mehr Energieflexibilität und -effizienz zu den grundlegenden Bausteinen für Deutschland als Industriestandort.

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