02.10.2020 SynErgie

Stellungnahme des Kopernikus-?Projekts SynErgie zur geplanten EEG-?Novelle 2021

Das Bundeskabinett hat die Novelle des Erneuerbare Energiegesetzes für 2021 verabschiedet. Vor der Beratung in Bundestag und Bundesrat meldet sich das Kopernikus-Projekt mit einer Stellungnahme zu Wort. Die Novelle gehe in die richtige Richtung, beziehe Energieflexibilität allerdings nicht hinreichend mit ein.

Das Bild zeigt eine Fotomontage: Ein Mann in Anzug hält zeigt mehrere Symbole aus dem Bereich Justiz.
Das Projekt SynErgie hat eine Stellungnahme zur geplanten EEG-Umlage 2021 veröffentlicht. Grafik: ©CrazyCloud - stock.adobe.com

Die Stellungnahme im Wortlaut: 

In der EEG-Novelle 2021 sieht der Bundeswirtschaftsminister „ein klares Zukunftssignal für mehr Klimaschutz und mehr Erneuerbare Energien“. Aus Sicht des Kopernikus-Projektes SynErgie können die Erwartungen, die Bundesminister Altmaier mit dieser Ankündigung weckt, bisher nur teilweise durch die vorgelegte Novellierung erfüllt werden. Auch wenn die Novellierungen die Stellschrauben bei einigen Teilaspekten des Energiesystems in die richtige Richtung drehen - für die Erfüllung der gesetzten Klimaziele sind die Änderungen zu langsam und nicht konsequent genug. Viele Herausforderungen werden noch gar nicht adressiert. Im Folgenden werden die einzelnen Themenkomplexe in Teil B des Gesetzes­entwurfes kurz aus der Sicht des Kopernikus-Projektes SynErgie auf Basis der Zielsetzungen der Maßnahmen bewertet. Für konkrete Empfehlungen sei ergänzend auf das SynErgie-Positionspapier zu regulatorischen Änderungen verwiesen, das mit allen ProjektpartnerInnen und den Kopernikus-Schwesterprojekten abgestimmt und veröffentlicht wurde.

1. Auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität: Im EEG 2021 wird das Ziel verankert, dass der gesamte Strom in Deutschland vor dem Jahr 2050 treibhausgasneutral ist

Die Verankerung dieses Ziels ist aus Sicht des SynErgie-Projektes zu begrüßen. Dies sollte allerdings dadurch komplementiert werden, dass mithilfe von Sektorenkopplung auch im Verkehrs- und Wärmesektor perspektivisch keine fossilen Energieträger mehr genutzt werden. Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es daher neben der vollständigen Defossilisierung des Stromsektors auch einer einhergehenden Defossilisierung des Verkehrs- und Wärmesektors, für welche Sektorenkopplung unverzichtbar ist.

2. Umsetzung des „Klimaschutzprogramms 2030“: Die erneuerbaren Energien sollen im Jahr 2030 65 Prozent des deutschen Stromverbrauchs bereitstellen

Grundsätzlich ist auch dieses Ziel und der vorgeschlagene Pfad zu begrüßen. Es stellt sich dabei die Frage, inwieweit die bisherigen Maßnahmen ausreichen, um die wegfallenden Kapazitäten von Kern- und Kohlekraftwerken zu ersetzen, die heute – insbesondere zu Zeiten geringer Einspeisung aus Wind- und Photovoltaikanlagen und bei der Regelenergie – noch einen großen Anteil der Strommenge bzw. Systemdienstleistungen bereitstellen, aber bis zum Jahr 2030 auf ca. ein Drittel der heutigen Erzeugungskapazität reduziert sein werden. Bei gleichzeitig steigendem Strombedarf in anderen Sektoren könnte sowohl eine „Energielücke“ durch zu langsamen Ausbau neuer Stromerzeugungskapazitäten als auch eine deutliche „Flexibilitäts­lücke“ durch die zu langsame Ergänzung mit Ausgleichstechnologien entstehen. In beiden Fällen würde das deutsche Stromsystem dann zunehmend abhängig von Strom­importen aus den europäischen Nachbarländern werden.

3. Weitere Dämpfung der Kostenentwicklung durch die EEG-Umlage

Sowohl die Anpassungen bei der besonderen Ausgleichsregelung als auch die Deckelung der EEG-Umlage durch die Teilfinanzierung aus dem Bundeshaushalt sind im Hinblick auf eine höhere Planungssicherheit für die stromkostenintensive Industrie bei zukünftigen EEG-Entlastungen grundsätzlich zu begrüßen. Damit jedoch auch Unternehmen, die nicht von der besonderen Ausgleichsregelung profitieren, die Preissignale des Strommarkts nutzen und die zunehmend volatile Einspeisung der erneuerbaren Energien ausgleichen können, bedarf es neben einer weiteren Absenkung der Deckelung auch umfassender Reformen, die in der EEG-Novelle 2021 noch in keiner Weise sichtbar werden. Im Sinne des SynErgie-Positionspapiers sollte mittel- bis langfristig eine grundlegende Neugestaltung der Umlagen- und Abgaben­systematik erfolgen (vgl. 4a aus dem SynErgie-Positionspapier): „Aktuell sind bestimmte Nutzungen von Strom für Unternehmen, die nicht unter bestimmte Befreiungstatbestände fallen, unwirtschaftlich. Der Grund dafür sind Preissignale, die durch Abgaben, Umlagen und Steuern verzerrt werden, sodass sich niedrige und negative Börsenpreise in den Strompreisen der meisten Industrieunternehmen nicht widerspiegeln. Es sollten daher umfassende Untersuchungen durchgeführt werden, inwieweit dynamisierte Abgaben und Umlagen Abhilfe schaffen können.

4. Erhalt der Akzeptanz für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien

Die Zielsetzung ist in jedem Fall sehr zu begrüßen. Bei Windenergieanlagen ist allerdings fraglich, ob es in der Wirkung ausreichend ist, nur die Kommunen an den Erträgen der Windenergieanlagen zu beteiligen, ohne sicherzustellen, dass das Geld auch bei den von Windenergieanlagen negativ betroffenen Bürgern ankommt. Eine direkte Beteiligung aller Betroffenen wie beim noch deutlich zu verbessernden Mieterstrom könnte zielführender sein. Hier bedarf es entsprechender wissenschaftlich fundierter Konzepte, um eine faire Teilung der Erträge mit den betroffenen Bürgern auszuarbeiten und mit Pilotprojekten zu erproben.

5. Stärkung der Netz- und Marktintegration

Dieser Punkt ist aus SynErgie-Sicht sehr kritisch zu sehen. Für die hinsichtlich ihrer Nach­haltigkeit umstrittene Flexibilitätsoption Biomethan werden die Rahmenbedingungen weiter verbessert, während gleichzeitig die dringend notwendigen Verbesserungen in den Rahmen­bedingungen für andere Flexibilitätsoptionen ausbleiben. Dies widerspricht den Vorgaben auf europäischer Ebene zur Neutralität bei den Flexibilitätsoptionen. Die grundsätzliche Zielsetzung in diesem Themenkomplex – nämlich eine verbesserte regionale Steuerung der Stromversorgung und eine Reduzierung der Systemkosten – ist zwar zu begrüßen. Ebenso ist die Maßnahme der Weiterentwicklung von Vergütungen bei negativen Strompreisen ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Im Gesamtbild zeigt sich bei diesem Themenkomplex allerdings aufgrund der Ungleichbehandlung von Flexibilitätsoptionen eher ein Rückschritt als ein Fortschritt. Hier bedarf es – wie im SynErgie-Positionspapier gefordert – einer Gleich­stellung der verschiedenen Flexibilitätsoptionen und einer Verbesserung der Investitions­anreize für Flexibilität.

6. Einstieg in die „Post-Förderung-Ära“

Der Umstieg des Ausbaus erneuerbarer Energien von einem staatlichen Förderregime hin zu einem marktgetriebenen Ausbau ist grundsätzlich zu begrüßen. Es bleibt allerdings bis 2027 abzuwarten, bis ein Vorschlag zur Ausgestaltung vorgelegt wird. Mit Hinblick auf die bis dahin weiter steigenden Systemkosten sollte dieser Zeitplan in jedem Fall beschleunigt werden.

Insgesamt werden mit der EEG-Novelle 2021 bisher wichtige Ziele gesetzt und in einigen Bereichen Verbesserungen erzielt. Eine große Frage, die sich aber bei den gesetzten Zielen stellt, nämlich die des massiven Ausbaus ausreichender Flexibilitätsoptionen zur erfolgreichen Integration eines steigenden Anteils an erneuerbaren Energien, bleibt auch mit der EEG-Novelle 2021 noch unbeantwortet. Hier besteht dringender Ergänzungsbedarf. Konkrete Maßnahmen dazu zeigt unter anderem das SynErgie-Positionspapier auf.

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