09.02.2022 Ariadne

So stehen Stakeholder in Deutschland zum europäischen CO2-Grenzausgleich

Mit einem CO2-Grenzausgleich will die EU zukünftig Carbon Leakage, sprich die Verlagerung von Emissionen in Regionen mit weniger hohen Klimaschutzzielen, verhindern und damit eines der größten Hindernisse für eine ambitioniertere europäische Klimapolitik ausräumen. Ariadne-Forschende haben Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft vorab nach ihrer Einschätzung dazu gefragt. Die Ergebnisse zeigen: Deutsche Stakeholder unterstützen einen Grenzausgleich grundsätzlich, haben aber unterschiedliche Ansichten hinsichtlich seiner Ausgestaltung.

Das Bild zeigt eine Vektor-Grafik zum Thema CO2-Emissionen und Gesetzgebung.
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Der European Green Deal hat das Ziel, in der Europäischen Union bis zum Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Aufgrund der notwendigen Maßnahmen – etwa einer höheren CO2-Bepreisung – besteht allerdings die Gefahr, dass Unternehmen ihre Produktion und ihre Emissionen zunehmend in Weltregionen mit weniger ambitionierten Klimaschutzzielen auslagern, um so Kosten einzusparen. Um ein solches „Carbon Leakage“ zu verhindern, hat die Europäische Kommission in ihrem „Fit for 55“-Paket ein CO2-Grenzausgleichssystem – Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) – vorgeschlagen.

Dieses Ausgleichssystem soll verhindern, dass europäischen Unternehmen aufgrund der in der EU gültigen Klimaschutzmaßnahmen Wettbewerbsnachteile entstehen. Das System sieht eine Abgabe auf ausgewählte aus Nicht-EU-Ländern eingeführte Produkte vor – auch „Klimazoll“ genannt. Diese Abgabe ist abhängig von der Menge an Kohlenstoff, welcher bei der Herstellung der Produkte entsteht. Ein entsprechender Gesetzesentwurf der EU-Kommission wird aktuell im Umweltausschuss des EU-Parlaments diskutiert und soll am 28. Februar 2022 abgestimmt werden. Im Januar 2023 soll die Verordnung dann in Kraft treten.

Ob ein CO2-Grenzausgleich von zentralen Stakeholdern in Deutschland unterstützt wird, haben Ariadne-Forschende der Hertie School und des Mercator Research Institute of Global Commons and Climate Change im Rahmen einer Umfrage ermittelt. Dabei ging es um grundlegende Einstellungen zu einem Grenzausgleich, Präferenzen hinsichtlich seiner Ausgestaltung und Einschätzungen zur unilateralen Einführung des Systems. Für die Arbeit wurden Antworten von mehr als 80 Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft untersucht.

In einem Ariadne-Hintergrundpapier diskutieren die Forschenden die Positionen der Stakeholdergruppen zu den einzelnen Ausgestaltungselementen und vergleichen sie mit dem Vorschlag der EU-Kommission. Das Papier soll mögliche Widerstände gegen spezifische Designoptionen aufzeigen und so dazu beitragen, in den aktuellen politischen Verhandlungen gangbare Kompromisse auszuarbeiten.

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Alle relevanten deutschen Stakeholdergruppen befürworten einen CO2-Grenzausgleich grundsätzlich. Unterschiedliche Sichtweisen der Befragten treten insbesondere hinsichtlich des Vorschlags zum Auslaufen der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten, der Anwendung eines Grenzausgleichs auch für Exporte aus der EU, der Einführung von Ausnahmeregelungen für Staaten mit ebenfalls ambitionierter Klimapolitik und der Verwendung der Einnahmen auf. Ein Kritikpunkt aus Wirtschaft und Wissenschaft ist, dass ein unilateraler Grenzausgleich die EU politisch isolieren und praktisch schwer umzusetzen sein könnte.

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