11.10.2021 Ariadne

Auf diesen Wegen wird Deutschland klimaneutral

Ariadne zeigt detailliert wie nie, mit welchen Technologien Deutschland klimaneutral werden kann. Das Kopernikus-Projekt hat mehrere umfassende Modelle und Szenarien verglichen und zusammengeführt. Die Studie zeigt unter anderem: Die Stromerzeugung aus Wind und Sonne müsste bis 2030 etwa 50 Prozent größer sein als bisher geplant. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick. 

Das Foto zeigt eine leere Straße im Nebel, auf der drei Ampeln stehen, deren drei Lichter grün, gelb und rot allesamt leuchten.
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2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Das Ziel ist klar, der Weg dahin umstritten. Jetzt zeigt eine Studie aus dem Kopernikus-Projekt Ariadne, welche Pfade realistisch sind – und welche nicht. Vom Gesamtsystem über einzelne Sektoren, von der direkten Elektrifizierung über Wasserstoff und eFuels bis hin zu Energieimporten: Ariadne hat zehn Modelle und sechs verschiedene Szenarien durchgerechnet. Damit ergibt sich ein Zukunftsbild so detailliert wie nie.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

Dekarbonisierung zuerst in der Energiewirtschaft

Eine stärkere Dekarbonisierung der Energiewirtschaft bis 2030 ist kostengünstiger als der im Klimaschutzgesetz 2021 vorgesehene Transformationspfad. In den kostenoptimalen Zielszenarien erfolgt der Ausbau von Wind und Photovoltaik (PV) dabei deutlich stärker (plus 50 Prozent gegenüber den bisherigen Zielen) und der Kohleausstieg deutlich früher (bis 2030) als bislang vorgesehen: So können die Emissionen der Energiewirtschaft bis 2030 um etwa zwei Drittel gegenüber 2019 gesenkt werden.

Direkte Elektrifizierung: So viel wie möglich. Indirekte Elektrifizierung so schnell wie möglich

Die direkte Elektrifizierung des Energieverbrauchs spielt für das Erreichen der Klimaziele eine zentrale Rolle. In den Ariadne-Zielszenarien steigt der Anteil der Elektrizität an der Endenergie von 18 Prozent in 2019 bis 2045 auf 40 bis 69 Prozent. Zusätzlich zur direkten Elektrifizierung trägt die indirekte Elektrifizierung über Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe zwischen 8 und 37 Prozent zur Endenergie bei. Dabei müssen Technologien der indirekten Elektrifizierung möglichst schnell weiterentwickelt, demonstriert und angewendet werden. Entscheidungen und Investitionen der 20er und 30er Jahre beeinflussen hierbei maßgeblich die Zielerreichung.

Strombedarf steigt massiv, Endenergiebedarf sinkt massiv

Die direkte und indirekte Elektrifizierung der Energienachfrage führen zu einer massiven Zunahme des nationalen Bruttostrombedarfs auf schätzungsweise 780 bis 1.580 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2045. Gleichzeitig führt die Steigerung der Energieeffizienz in den Zielszenarien bis 2045 zu einem Rückgang des Endenergieverbrauchs um 34 bis 59 Prozent gegenüber 2019.

Ohne CO2-Entnahmen geht es nicht

Das Ziel der Klimaneutralität ist ohne CO2-Entnahmen aus der Atmosphäre nicht erreichbar. Hierfür gibt es verschiedene Optionen zur CO2-Entnahme, deren technisches Potenzial sich bis 2045 auf über 100 Millionen Tonnen Kohlendioxid summieren könnte. Dabei gilt als weitere Zukunftsherausforderung das Finden, Analysieren und Testen von CO2-Senken. Beispielsweise gilt es zu untersuchen, inwiefern Gestein und Ozeane CO2 aufnehmen könnten. Gleichzeitig sollten natürliche Methoden der CO2-Aufnahme – beispielsweise durch Aufforstung – in kommende Planungen einbezogen werden.

Strom, Wärme, Wasserstoff: Bisherige Infrastrukturplanung unterschätzt Bedarfe

Die in Ariadne modellierten Mengen an Strom, Fernwärme, Wasserstoff sowie relevanten Kenngrößen für die Sektorkopplung wie E-Fahrzeuge und Wärmepumpen liegen deutlich über den Mengen, die in den aktuellen Infrastrukturplanungen vorgesehen sind.

Verkehr: Größtes CO2-Minderungspotenzial durch eAutos

Bis zum Jahr 2030 hat die direkte Elektrifizierung das größte Treibhausgas-Minderungspotential im Verkehrssektor. Aber: Selbst mit einem massiven Anstieg des Anteils batterieelektrischer Fahrzeuge werden die Sektorziele aus dem Klimaschutzgesetz 2021 bis zum Jahr 2030 nicht erreicht.

Wasserstoff und eFuels bilden bis zum Jahr 2045 in Teilbereichen des Güter-, Personenschienen- und Busverkehrs sowie für den Flugverkehr eine sinnvolle und für Verbrenner-Restbestände bei den PKW eine notwendige Ergänzung zur direkten Elektrifizierung.

Gebäude: Mehr und tiefere Sanierungen notwendig

Um das Gebäude-Sektorziel für 2030 zu erreichen, sind laut Ariadne-Szenarienanalyse sehr ambitionierte Sanierungsraten notwendig, die bis zum Jahr 2030 auf mindestens 1,5 - 2,0 Prozent steigen müssen (derzeit circa 1 Prozent). Die Sanierungstiefe der Gebäude entspricht dabei in den Zielszenarien durchschnittlich über alle Gebäude nahezu dem KfW-55 Standard. Eine flächendeckende Nutzung des Passivhausstandards KfW-40 ist hingegen nicht Teil des kostenoptimalen Transformationspfads. Weiterhin spielt die direkte Elektrifizierung im Wärmesektor in allen Zielszenarien eine entscheidende Rolle durch die Nutzung von Wärmepumpen oder Heizstäben im Gebäude und für die Einspeisung in Wärmenetze.

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Das Bild zeigt die Titelseite des Ariadne-Szenarienreports 2021.

Alle Ergebnisse, Analysen und Hintergründe lesen Sie ausführlich im Ariadne-Report. 

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Diese 13 Forschungsinstitute waren am Ariadne-Report beteiligt

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Fahrzeugkonzepte; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Vernetzte Energiesysteme; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Verkehrsforschung; Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE; Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG; Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI; Helmholtz-Zentrum Hereon; Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung IER, Universität Stuttgart; Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change MCC, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PIK, Paul Scherrer Institut PSI, RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

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