Lässt sich denn eine Tendenz ablesen, was die Akzeptanz der Energiewende angeht? Und wenn ja: Wie deuten Sie diese?
Das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende des Kopernikus-Projekts Ariadne untersucht die Akzeptanz der Energiewende jährlich als bundesweit repräsentative Online-Panelbefragung. Hier zeichnet sich zum einen steigende Zustimmung ab, dass die Energiewende sinnvoll und notwendig ist. Zum anderen aber auch der Anspruch an die Politik, stärker die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass dies dem Tempo und einer sozial gerechten Transformation nutzt.
Das klingt grundsätzlich positiv. Doch auch Kritik und Krisen sind allgegenwärtig, wenn es um die Energiewende geht. Wie bewerten Sie das?
Wenn wir über Kritik sprechen, möchte ich gern zwei Arten voneinander abgrenzen. Wir alle sollten Kritik begrüßen, die Zugänge zu Erfahrungswissen, Lebenswelten und Bedürfnissen erleichtert. Sie trägt zu einem Dialog im Sinne eines gemeinsamen Lernprozesses bei. Insbesondere mit Blick auf Social Media kennen wir natürlich auch jene Kritik, die den wissenschaftlichen Konsens des Klimawandels leugnet. Beim genauen Hinschauen stellt sich leider in den meisten Fällen heraus, dass die Wurzel solcher Kritik undemokratische Ideologien sind, etwa populistischer Rechtsextremismus.
Während erstere Kritik durch qualitativ hochwertige und ernst gemeinte Beteiligung zu einer Verbesserung des Transformationsprozesses beiträgt, kann zweitere Kritik in herkömmlichen Beteiligungsprozessen keinen Platz als „Meinung“ finden. Hier ist Demokratiebildung und Extremismusprävention gefragt.
Haben Sie Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Kritik erarbeitet?
Ja. In ENSURE haben Forschende interviewbasiert Qualitätskriterien für eine erfolgreiche Konfliktkommunikation erarbeitet. Dabei stehen transparente Beteiligungsprozesse mit professioneller, neutraler Moderation, eine neutrale Ortswahl und Sprache und Verständlichkeit ganz oben. Auch Face-to-Face-Formate halten wir für sehr wichtig, wobei der Ausbau hybrider Formate zu begrüßen ist.
Und wie fällt das Resümee aus: Fehlt noch etwas in Sachen Akzeptanzforschung, wo Sie Handlungsbedarf sehen?
Wir haben ja speziell auf den Kontext der Arbeit und Ziele der Kopernikus-Projekte geschaut und Akzeptanzforschung stets in diesem Zusammenhang betrachtet. Wir kommen zu dem Schluss, dass die Kopernikus-Projekte einen transdisziplinären Ansatz noch nicht systematisch in der Gesamtplanung und den Einzelprojekten umsetzen. Bisher orientieren sich lediglich einzelne Arbeitspakete an diesem. Es wäre von Vorteil, ein substanzielles Verständnis und gemeinsame Standards für Ko-Design und Partizipation projektübergreifend zu entwickeln. Mit dem Transfer in die Praxis in der dritten Projektphase und mit Kommunen als räumlichen Bezugspunkt ergeben sich hieraus große Potenziale.
Um eine Kultur der Partizipation systematisch in den Kopernikus-Projekten zu verankern, braucht es Lernräume. Diese geben Projektteilnehmenden Anreize, sich in die Anforderungen eines inter- und transdisziplinären Ansatzes reinzudenken. Dieses reflexive „Meta-Lernen“ erfordert eine neue Praxis, neue explizite Rollen in der Prozessteuerung, Räume und Routinen.
Mögliche Ansätze können beispielsweise Weiterbildungen, kollegiales Coaching, projektübergreifende Reflexions-Workshops und ein On-Boarding für Hinzukommende sein.