11.08.2023 P2X

PEM-Wasserelektrolyse: Iridium-reduzierte Elektroden ermöglichen Ausbau im Gigawatt-Bereich

Forschenden des Kopernikus-Projekts P2X ist bei der Hochskalierung der PEM-Wasserelektrolyse ein wichtiger Schritt gelungen. Sie entwickelten die Membran-Elektroden-Einheit (MEA) so weiter, dass sie erstens effizienter ist und zweitens achtmal weniger des teuren Edelmetalls Iridium benötigt als eine Referenz-MEA, die mit dem heutigen Stand der Technik vergleichbar ist. Dadurch erhöht sich die Leistung der Elektrolyseure, die theoretisch weltweit pro Jahr zusätzlich zum bisherigen Bestand gebaut werden könnten, um den Faktor sieben.

Das Bild zeigt den H-TEC-Elektrolyseur ME450 von H-TEC-Systems.
©Kopernikus-Projekt P2X/H-TEC Systems

Investitionskosten sinken, Effizienz steigt: Wie ist das bei der PEM-Elektrolyse von Wasserstoff zu bewerkstelligen? Die Forschenden haben in der neuen Membran-Elektroden-Einheit (MEA = Membrane-Electrode-Assembly) optimierte Elektroden mit dünneren Membranen kombiniert. Die verbesserten Elektroden basieren auf einem Katalysator, den die Forschenden in der ersten Förderphase des Kopernikus-Projekts P2X entwickelt haben. Das Besondere am P2X-Katalysator ist, dass er bis zu achtmal weniger des seltenen Edelmetalls Iridium benötigt als bisher eingesetzte Katalysatoren, womit die Gesamtkosten für die „Hardware“ geringer sind. An der Entwicklung waren Forschende der Technischen Universität München, ZAE Bayern, H-TEC Systems GmbHGreenerity GmbH und Heraeus Deutschland GmbH & Co. KG beteiligt.

Das Kopernikus-Projekt P2X hat diese Einheiten erfolgreich getestet. Unter anwendungsrelevanten Betriebsbedingungen (2 Ampere pro Quadratzentimeter und bei 60 Grad Celsius) zeigten die P2X-MEAs eine von 63 Prozent auf 70 Prozent erhöhte Effizienz - bezogen auf den unteren Heizwert (LHV = lower heating value) gegenüber den bisher verwendeten MEAs mit höherer Iridium-Beladung und Membrandicke. Eine größere Effizienz ist entscheidend, um die Betriebskosten, insbesondere die Stromkosten, für den produzierten Wasserstoff zu senken. Die Effizienzsteigerung entspricht in dem Fall einem um etwa zehn Prozent geringeren Stromverbrauch.

Daneben wird das eingesetzte Iridium durch die signifikant reduzierte Iridium-Beladung besser ausgenutzt. Pro Kilowatt werden so nur noch 0,07 Gramm Iridium benötigt. Das ist eine Verbesserung um den Faktor sieben verglichen mit den untersuchten Referenz-Elektrodeneinheiten. Theoretisch könnten dadurch weltweit jährlich Elektrolyseure mit einer Leistung von bis zu 20 Gigawatt neu gebaut werden - unter der Annahme, dass 10 bis 20 Prozent des jährlich verfügbaren Iridiums für die PEM-Elektrolyse verwendet werden.

Neben der Effizienz wurde auch die Lebensdauer untersucht, denn Elektrolysestacks sollen zwischen 60.000 und 100.000 Stunden, also rund sechs bis elf Jahre, im Einsatz sein. Deshalb ist es wichtig, dass die neu entwickelten Komponenten über längere Zeiträume eine gute Performance erzielen und stabil bleiben. Die Forschenden testeten den neuen P2X-Katalysator über 3.700 Stunden. Dabei variierten sie die Stromstärken, um den Betrieb mit ebenfalls schwankendem erneuerbar erzeugtem Strom zu simulieren. Zu Beginn des Tests war der P2X-Katalysator deutlich aktiver als der bisher verwendete kommerzielle Katalysator. Über die Zeit nimmt die Aktivität beider ab, ein für Katalysatoren normaler Prozess, sodass sie sich nach und nach angleichen. Eine Modellierung für einen Betrieb zwischen 3.700 und 40.000 Stunden lässt erwarten, dass der P2X-Katalysator für eine industrielle Anwendung geeignet ist.

Um das Scale-up und den Übergang von der Forschung in die Industrie zu beschleunigen, werden die Arbeiten nun im vom Bundesforschungsministerium geförderten Wasserstoff-Leitprojekt H2Giga (mehr dazu: siehe unten) fortgeführt.  Das H2Giga-Projekt IRIDIOS beschäftigt sich mit der Hochskalierung des zuvor entwickelten Iridium-armen Stacks. Im kleinen Maßstab ließ sich der Anteil der seltenen Ressource bereits senken. Nun soll die großskalige Realisierbarkeit geprüft werden. Der neue PEM-Elektrolysestack im Megawatt-Maßstab soll dabei effizient betrieben werden können und eine hohe Lebensdauer aufweisen.

Weitere Detail- und Hintergrundinformationen

Um Deutschlands Bedarf an Grünem Wasserstoff decken zu können, braucht es große Kapazitäten an leistungsfähigen, kostengünstigen Elektrolyseuren. Zwar sind bereits heute leistungsfähige Elektrolyseure am Markt – allerdings erfolgt ihre Herstellung noch immer größtenteils in Handarbeit. Das Wasserstoff-Leitprojekt H2Giga will daher die serienmäßige Herstellung von großskaligen Elektrolyseuren unterstützen. Hersteller von Elektrolyseuren, Zulieferer und Start-ups arbeiten darin gemeinsam mit renommierten Instituten sowie Universitäten an der Industrialisierung ihrer jeweiligen Technologie zur Hochskalierung der Wasserelektrolyse. Insgesamt sind mehr als 120 Partner an 30 Verbundprojekten beteiligt, die eigenständig und unter eigener Koordination arbeiten.

 

Iridium ist ein sogenannten Übergangsmetall in der Cobaltgruppe. Das chemische Element mit dem Symbol Ir und der Ordnungszahl 77 im Periodensystem gehört zu den Platinmetallen. Das Vorkommen ist deutlich seltener als bei Gold oder Platin. Die jährliche Iridiumbereitstellung liegt bei circa acht Tonnen weltweit. Neben der PEM-Elektrolyse kommt das Edelmetall in vielen anderen Anwendungen zum Einsatz, sodass der Ausbau der PEM-Elektrolyse durch die dafür verfügbare Iridiummenge begrenzt ist. Die PEM-Elektrolyse funktioniert mit der heutigen Technologie jedoch nur mit Iridium-Katalysatoren, da es bisher keine Alternative mit vergleichbarer Aktivität und Stabilität gibt.

Ein geringerer Einsatz von Iridium in der Membran bedeutet also nicht nur eine Kostensenkung, sondern auch eine Erhöhung der potenziellen Ausbaukapazität.

Die Wasserelektrolyse spielt für die Energiewende eine wichtige Rolle. Denn sie ermöglicht, Wasserstoff aus Strom zu erzeugen, der wiederum aus Erneuerbaren Energiequellen stammt. Der Wasserstoff fungiert somit quasi als Speicher für Grünen Strom, insbesondere in nicht direkt nutzbaren Erzeugungsspitzen. Das macht diese Energie auch gut transportierbar und  für nicht-elektrifizierbare Anwendungen in der Industrie oder im Verkehr nutzbar.

Dabei spaltet der Strom in einem Elektrolyseur Wasser in die Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff. Der Energieträger Wasserstoff lässt sich nutzen, um Brennstoffzellen anzutreiben, Wärme zu produzieren oder als Heizgas Öfen zum Beispiel in der Glas- oder Zementindustrie zu befeuern. Zum anderen ist er eine wertvolle Ressource für die chemische Industrie, um fossile Rohstoffe bei der Herstellung von flüssigen Kraftstoffen, Kunststoffen oder Düngern zu ersetzen.

Der zukünftige Bedarf an Grünem Wasserstoff und entsprechenden Elektrolysekapazitäten ist enorm. Die Internationale Energieagentur IEA geht im „Net Zero Emissions by 2050 Scenario“ davon aus, dass für die Wasserstoffproduktion bis 2030 weltweit Elektrolyseure mit einer Kapazität von über 700 Gigawatt in Betrieb sein müssen. Die aktuell verfügbare Kapazität schätzt die IEA auf 1,4 Gigawatt. Dabei erreichen einzelne Elektrolyseure heute Leistungen im Megawattbereich. Für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft muss die Effizienz der Technologie noch steigen.

Die PEM-Elektrolyse ist eine der drei wichtigsten Wasserelektrolysearten, bei der eine Membran Kathode und Anode trennt und den Protonenfluss kontrolliert (PEM = Proton Exchange Membrane).

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